Verein & Steuern XIX

9.2 Vereinsmitglieder als neue Selbständige

Vereinsmitglieder können mit ihrem Verein oder anderen Auftraggeberinnen und Auftraggebern Werkverträge abschließen. Hier handelt es sich um Zielschuldverhältnisse. Wesentliche Merkmale sind:

  • das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit (Verwaltungsgerichtshof vom 18. Juli 1995, 91/14/0217), wie etwa die Verfügung über spezielle Betriebsmittel
  • selbständige Einkünfte (§§ 22 Z 1 bis 3 und 5, 23 EStG 1988) und
  • das Überschreiten einer Versicherungsgrenze

Bei ausschließlicher Tätigkeit ist als Versicherungsgrenze der Betrag von 6.453,36 € pro Jahr maßgebend, während im Nebenberuf auf das 12-fache der Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG, das sind 4.641,60 € im Jahr 2013, abgestellt wird. Werden vorgenannte Kriterien erfüllt, so liegt eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG („Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz“) vor. Bei einem Unterschreiten der Versicherungsgrenzen ist dennoch eine Option für die Pflichtversicherung mit Erklärung möglich, die so lange gilt, bis sie widerrufen wird (§ 7 Abs. 4 Z 3 GSVG).

Beispiel
Ein Student als Vereinsmitglied vereinbart mit dem Obmann des Vereins einen Werkvertrag zur Erstellung einer Verbandschronik zum 50. Jubiläum des Vereins mit einem Honorar von 4.000 €. Die damit verbundenen Betriebsausgaben vermindern die Beitragsgrundlage für die Sozialversicherung. Bei 3.000 € Reingewinn und jährlicher Beitragsgrundlage zum GSVG (§ 25) besteht keine Pflichtversicherung, wenn keine Optionserklärung erfolgt. Bei einem Honorar von 8.000 € netto müsste dieser Student bei alleiniger Erwerbstätigkeit neben der steuerlichen Erklärung eine Meldung als neuer Selbständiger an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft binnen eines Monats nach Aufnahme dieser Tätigkeit erstatten.

Der Versicherungsträger schreibt die Beiträge für jedes Quartal vorläufig vor. Wenn die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiddaten dem Versicherungsträger bekannt sind, wird die endgültige Beitragsvorschreibung vorgenommen. Bei Mehrfachtätigkeiten und Pflichtversicherung ist auf Antrag eine Differenzbeitragsgrundlage (§ 35a Abs. 1 GSVG) bis zur GSVG-Höchstbeitragsgrundlage (Jahr 2013: monatlich 5.180 €) zulässig, um Überschreitungsbeträge zu vermeiden.

9.3 Vereinsmitglieder als Gewerbetreibende

Wenn zwischen dem Verein und einem seiner Mitglieder ein Werkvertrag vereinbart wird, der im Rahmen der Rechtsordnung für die Erfüllung des Auftrags eine Gewerbeberechtigung voraussetzt, ist der Tatbestand einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 oder § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG erfüllt, wenn das Vereinsmitglied Mitglied einer Wirtschaftskammer ist.

9.4 Vereinsorganwalterinnen/Vereinsorganwalter und Sozialversicherungspflicht

Die Organwalterinnen und Organwalter von Vereinen (z.B. Obfrau/Obmann, Obmannstellvertreterin/ Obmannstellvertreter, Kassiererin/Kassier, Schriftführerin/Schriftführer, Rechnungsprüferin/Rechnungsprüfer) unterliegen hinsichtlich ihrer Vergütung als Organe einer Sozialversicherungspflicht, wenn die Aufwandsentschädigungen die jährliche Versicherungsgrenze für neue
Selbständige überschreiten.

In Fällen, in denen das einzelne Vereinsmitglied als Organwalterin oder Organwaltermit dem Verein einen Vertrag als (freie) Dienstnehmerin oder (freier) Dienstnehmer, einen Werkvertrag als Gewerbetreibende bzw. Gewerbetreibender oder neue Selbständige bzw. neuer Selbständiger mit dem Ziel abschließt, spezielle Aufgaben außerhalb der Organtätigkeit zu erfüllen, gelten die Ausführungen unter Abschnitt 9.1 bis 9.4. Zur allfälligen Pflichtversicherung als Organwalterin oder Organwalter können somit weitere Sozialversicherungstatbestände hinzutreten (Prinzip der Mehrfachversicherung).

9.5 Pauschale Aufwandsentschädigungen (beitragsfrei)

Für Sportlerinnen/Sportler, Sportbetreuerinnen/Sportbetreuer und Schiedsrichterinnen/Schiedsrichter gibt es eine eigene Regelung, welche den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes weitgehend entspricht. Pauschale Fahrt- und Reiseaufwandsentschädigungen bis zu 60 € pro Einsatztag (maximal 540 € monatlich) sind beitragsfrei, wenn nach dem Einkommensteuergesetz Steuerfreiheit besteht. Im Unterschied zu der Regelung bei der Einkommensteuer muss es sich allerdings hier um eine nebenberufliche Tätigkeit handeln. Ein Nebenberuf liegt vor, wenn die Tätigkeit nicht den Hauptberuf und die Hauptquelle der Einnahmen bildet.

9.6 Meldungen

Das Sozialversicherungsverhältnis entsteht automatisch bei Abschluss eines Dienstoder Werkvertrages. Wesentlich ist die Einhaltung der Meldepflichten, da es bei keineroder verspäteter Meldung empfindliche Sanktionen gibt.

(Freie) Dienstnehmerinnen und (freie) Dienstnehmer sind von der Dienst(Auftrag)geberin oder vom Dienst-(Auftrag) geber bei der Gebietskrankenkasse des Betriebsortes (Vereinssitzes) vor Arbeitsantritt anzumelden.

Gewerbetreibende und neue Selbständige (Werkvertragsnehmerinnen und Werkvertragsnehmer) müssen ihre Meldung selbst binnen eines Monats nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vornehmen.

Abmeldungen oder Änderungsmeldungen für (freie) Dienstnehmerinnen und (freie) Dienstnehmer hat die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber binnen sieben Kalendertagen zu erstatten. Abmeldungen als Selbständige oder als Selbständiger haben binnen eines Monats zu erfolgen.

9.7 BMSVG

Alle nichtselbständig Beschäftigten, die ab dem 1.1.2003 eingetreten sind, gehören dem System der Abfertigung neu an. Ab 2008 wurden auch die freien Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer in dieses System miteinbezogen. Dauert die Beschäftigung länger als einen Monat, hat der Verein ab dem zweiten Monat für die Dienstnehmerinnen/Dienstnehmer 1,53% an die Gebietskrankenkasse zu leisten. Diese leitet die Beiträge an die Mitarbeitervorsorgekasse weiter.

9.8 Beitragsabfuhr und -prüfung

Die Dienstgeberinnen und Dienstgeber haben prinzipiell binnen 15 Tagen nach der Fälligkeit der Beiträge (Monatsletzter) die Beiträge abzurechnen und einzuzahlen (drei Tage Respirofrist). Bei rückständigen Beiträgen werden Verzugszinsen vorgeschrieben. Der Rückstandsausweis mit einer Mahnung gilt bereits als Exekutionstitel.

Beitragsprüfungen werden periodisch oder bei bestimmten Verdachtsmomenten im Rahmen einer GPLA (gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben) durchgeführt, wobei oft Richtigstellungen bei der Entgeltsberechnung erfolgen. Bei der GPLA wird die Lohnsteuerprüfung, die Sozialversicherungsprüfung und die Kommunalsteuerprüfung zusammengefasst. Die Prüferin bzw. der Prüfer kommt abwechselnd vom Finanzamt oder von der Gebietskrankenkasse.

Im Bereich der Selbständigen-Sozialversicherung gibt es bei verspäteter Einzahlung ebenfalls Beitragszuschläge oder Verzugszinsen, aber keine Beitragsprüfung, zumal die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiddaten von den Finanzbehörden, die ohnedies eigene Betriebsprüfungen vornehmen, übermittelt werden.

Hinweis
Diese Steuerserie ist aus der Broschüre des Bundesministerium für Finanzen „Vereine und Steuern“. In der gesamten Broschüre wurden, soweit dies möglich war, die weiblichen Formen integriert, um der geschlechtergerechten Formulierung zu entsprechen. Einzig bei legistischen Ausdrücken wurde die männliche Form beibehalten, um keinen Widerspruch zu Gesetzestexten herzustellen. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die nur in der männlichen Form niedergeschriebenen Aussagen und Formulierungen selbstverständlich auch Frauen gegenüber gelten. Die Broschüre spiegelt die Rechtslage August 2016 wider.