Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich (GZ Ra 2020/13/0047 vom 22.6.2022) mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem ein Steuerpflichtiger Anwaltskosten i.Z.m. einer durch seine Ehegattin eingebrachten unberechtigten Scheidungsklage als außergewöhnliche Belastung steuerlich absetzen wollte. Für die Geltendmachung von Kosten bzw. Ausgaben als außergewöhnliche Belastung müssen die Kriterien der Außergewöhnlichkeit und der Zwangsläufigkeit erfüllt sein. Überdies muss die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen.
Die Einbeziehung anwaltlichen Beistands ist aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt durchaus verständlich. So hatte der Steuerpflichtige aus einem anwaltlichen Schreiben erfahren, dass sich seine Ehegattin von ihm scheiden lassen wolle. Konkret hatte sie Scheidungsklage eingebracht und eine durch ihren Ehemann allein verschuldete Scheidung angestrebt. Erst durch Aufzeigen einer eigenen Eheverfehlung konnte die Ehegattin zu einer einvernehmlichen Scheidung bewogen werden.
Das Bundesfinanzgericht als Vorinstanz beschäftigte sich mit dem Merkmal der Zwangsläufigkeit und kam zum Ergebnis, dass sich der Steuerpflichtige zwar nicht freiwillig auf die Prozessführung eingelassen hatte, ihm jedoch keine Handlungsalternativen offenstanden, da seine Ehegattin (zumindest anfangs) wenig für eine einvernehmliche Lösung begeistert werden konnte. Daher waren die Anwaltskosten zwangläufig erwachsen und konnten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Der VwGH war jedoch anderer Ansicht und betonte schließlich, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig erwachsen und die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten stets dann verneint wird, wenn die Prozessführung auf Tatsachen zurückgeht, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden bzw. aus einem Verhalten resultieren, zu dem sich der Steuerpflichtige freiwillig entschlossen hat. Außerdem sind selbst bei aufgezwungener Prozessführung die damit verbundenen Anwaltskosten grundsätzlich als nicht zwangsläufig anzusehen, wenn im geführten Verfahren keine absolute Anwaltspflicht besteht. Da bei Scheidungsstreitigkeiten keine absolute Anwaltspflicht besteht, konnten die Prozesskosten im konkreten Fall nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Dies wäre – trotz fehlender absoluter Anwaltspflicht – nur dann denkbar, wenn besondere Gründe das Einschreiten eines Rechtsanwalts erforderlich gemacht hätten.